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Sprache als Spiegel des Gehirns

Sprache als Spiegel des Gehirns

Die Zunahme von neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson und Alzheimer-Demenz schreitet in erschreckend hohem Tempo voran. Als wichtigste Ursachen können die demographischen Veränderungen in unserer Gesellschaft und die begrenzten medikamentösen Behandlungsmethoden aufgeführt werden. Beim medizinisch-wissenschaftlichen Symposium „Kognitive und sprachliche Veränderungen bei degenerativen Erkrankungen“ trafen sich vor einigen Tagen etwa 100 Haus- und Fachärzte, (Neuro-) Psychologen, Therapeuten, Gerontologen, pflegerische Mitarbeiter, Studenten der Gerontologie sowie Interessierte, um sich über die neuesten Erkenntnisse zu informieren. Sie folgten der Einladung von Fedor Jalvingh, Sprachtherapeut und Psycholinguist am St. Marienhospital Vechta, in die Universität Vechta.

Die verschiedenen Referenten machten deutlich, dass ein früher Beginn der Therapie von großer Bedeutung ist - und zwar obwohl klinische und pharmazeutische Therapiemethoden den neurodegenerativen Krankheitsprozess (langsam fortschreitende Erkrankung des Gehirns) nur temporär aufhalten können. Eine essentielle Rolle spielt dabei sowohl die frühe Erkennung als auch die Interpretation von neuropathologischen (krankhaften Veränderungen des Gehirngewebes) und klinischen Symptomen.

Fedor Jalvingh zeigte mit einer eigenen Studie zu seiner Doktorarbeit, dass einfache Veränderungen in der Sprache als klinische Hinweise für Veränderungen im Gehirn betrachtet werden können. Gemessen hat er dies anhand von extra an der Universität Groningen entwickelten Sprachtests. „Die Sprache funktioniert als Spiegel des Gehirns“, erklärte Jalvingh. Im Rahmen seiner Studie verglich er die Sprache von Menschen mit einer Demenz, Morbus Parkinson und Menschen nach einem Schlaganfall miteinander. „Die Zusammenarbeit sowie der Austausch mit Haus- und Fachärzten, Pflegekräften und Angehörigen ist eine ganz wichtige Konsequenz, wenn solche sprachlichen Veränderungen nachgewiesen werden können“, führte er fort. Patienten mit Alzheimer-Demenz haben bereits in frühen Phasen der Erkrankung Schwierigkeiten, Sprache zu verstehen. Aber nicht weil sie schlechter hören können, sondern weil die Abbauprozesse im Gehirn dazu führen, dass die Bedeutung von Wörtern weniger gut erfasst werden kann.

Prof. Dr. Elke Kalbe (Psychologische Gerontologin an der Universität Vechta & Klinik und Poliklinik der Neurologie–Universität Köln)  betonte, dass die Kognition (Informationsverarbeitung) auch bei Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen durch gezieltes Training verbessert werden kann.

Anhand des Vergleichs mit gesunden Menschen stellte Prof. Dr. Roelien Bastiaanse, (Professorin für Neurolinguistik an der Universität Groningen) dar, dass Patienten mit Morbus Parkinson schlechtere Leistungen in Sprachtests zeigen. Als Ursache gab sie kognitive und nicht sprachliche Probleme an.

Weitere Referenten waren: Priv. Doz. Dr. med. Reinhard K. Klocke (Ärztlicher Direktor am St. Marienhospital Vechta), Dr. med. Michael Musolf (Ärztlicher Direktor des Ev. Amalie Sieveking-Krankenhauses Hamburg), Mareke Woll (Dipl. Psychologin an der Karl-Jaspers-Klinik Bad Zwischenahn) und apl. Prof. Dr. phil. Helmut Hildebrandt (Leiter der Neuropsychologie am Klinikum Bremen-Ost & AE Institut für Psychologie der Carl von Ossietzky – Universität Oldenburg).